Die Zeitschriften Fotografie & Apex von Wolfgang Schulz

Mit der Zeitschrift Fotografie 1975 begann es.

Wolfgang Schulz, Fotografie Thomas Malara

Wolfgang Schulz begann mit der Ausgabe Fotografie (Heft 1, 1977) seiner Kreativität freien Lauf zu lassen. Heft 1 ist zwar noch sehr schlicht gehalten, mit je einem Foto auf einer Seite zudem auf weißem Hintergrund, doch entwickelte sich diese Schlichtheit in den danach kommenden 39 Ausgaben weiter hin zu bunten, provokativen, humorvollen und interessanten Beiträgen.

Fotografie 1, 1977, S. 26

Was sagt der Herr der Stunde zur Fotografie und zur Apex?

Warum hast du die Zeitschrift gemacht?: „Weiß nicht – ich hatte einfach Lust… ich bin in den 60´er Jahren auf die ersten Kunstausstellungen gegangen, die in dem Sinne nichts mit den heutigen Kunstausstellungen was zu tun hatten. (…) Die Idee für Fotografie fing damit an, weil ich die ganze Geschichte zwischen Malerei und Fotografie nicht trennen konnte.“

Warst du der Erste, der eine Fotozeitschrift in dieser Art herausgegeben hat?: „Ja! Sagen wir mal so, eine Fotozeitschrift an sich nicht, sondern eine Zeitschrift die sich nur ausschließlich mit Bildern beschäftigte. Die Anderen, wie „Color Foto“ und das „Fotomagazin“ waren Blätter, die von der Industrie unterstützt wurden. Das habe ich später verstanden, dass im Prinzip die Bilder nur eine 2., 3. und 4. Bedeutung hatten und eigentlich das Wichtige die Berichterstattung über die Fotoapparate waren. Ich bin da so als Idealist hineingerutscht!“

Wann hast du angefangen selbst zu fotografieren?: „Mit 10-12 Jahren, mit einer Agfa Plast. Einfach drauflos gehalten. Mein Vater hat mir nichts groß erklärt. Wir machten Fotos von der Familie und uns, das sind Erinnerungsstücke. Bis ich dann mit 14 eine richtige kleine Kamera bekam.“

Warum hast du die Zeitung selbst verlegt? War das nicht riskant?: „Nö. daran habe ich gar nicht gedacht“ Ich habe einfach nur den Markt gesehen, also nicht den komerziellen Markt. Ich bin da nicht ökonomisch rangegangen, sondern von meinem Interesse her geleitet worden. Die Zeitschrift „CAMERA“ war mir damals ein Vorbild, das Format. In super Qualität wurden Bilder abgedruckt, sowie internationale Künstler gezeigt. Ein riesen Repertoire auf nur 48 Seiten. So waren die meisten Fotozeitschriften nicht. Die „CAMERA“ redete nicht über Technik, sondern zeigte Bilder.“

Waren Künstler dabei, die heute renommiert sind?: „Ja klar! Blalla W. Hallmann, ich hatte Martin Kippenberger, für den ich den ersten Katalog gemacht habe. Dann hatte ich Al Hansen, Achim Buchow, Dennis Hopper und so weiter…“

Wie war die Resonanz auf die Zeitschrift?: „Gewaltig erstmal. Es war hart den Vertrieb durchzusetzen, weil ich im Prinzip null Ahnung vom Verlegen hatte. Ich hatte eine kleine Erbschaft gemacht und damals kostete eine Auflage nur 5.000 Mark statt 50.000, wie das heute ist. Die ersten Ausgaben kosteten im Handel so zwischen 6-7 Mark je Exemplar.“

Wie kam es zur Apex?: „ Weil mich die Fotografie allein nicht mehr befriedigte.“

Fotografie 1

Die Fotografie lief von 1975-1986 und befasste sich mit internationaler Fotografie bekannter und unbekannter Fotografen. Die danach kommende Kunstzeitschrift Apex, welche von 1987-1996 lief, zeigte ein breiteres Band an Kunst allgemein und war somit nicht nur auf Fotografie fokussiert.

So wird beispielsweise in Fotografie Heft 28 (1983) ein ganzes Heft dem Fotografen Miron Zownir gewidmet…

Fotografie 28, 1983, Miron Zownir
Fotografie 28, 1983, Miron Zownir, S. 6-7

… und Apex No. 10 (1990) zeigt Kunst von Blalla W. Hallmann. Man muss sagen, dass Wolfgang ein Auge für gute Kunst hatte und damals noch unbekannten Künstlern half bekannt bzw. bekannter zu werden.

Apex No.10, 1990, Blalla W. Hallmann
Apex No.10, 1990, Blalla W. Hallmann, S. 104

So steht auf dem Rückdeckel der Fotografie 1: „Fotografie leistet sich den Luxus, die Arbeiten bekannter und unbekannter Fotografen großzügig, alleinstehend, ohne störendes und ablenkendes Umfeld zu präsentieren“.

Mit Heft 1 begann Wolfgang auch, seine eigenen Fotos mit reinzubringen. Dies zieht sich komplett durch Ausgaben der Fotografie und Apex. Hier schreibt er einerseits Texte und veröffentlicht andererseits unter seinem Namen, sowie unter seinen vielen Pseudonymen seine Fotografien.

Fotografie 1, 1977, S. 27-38

Sein ganzes Leben hat er fotografiert und ist somit auch Fotograf und nicht nur Herausgeber & Chefredakteur der beiden Zeitschriften Fotografie und Apex! Das soll mal gesagt werden!

Als Rita Gayser zeigt er bunte Collagen in der Fotografie Erotik Ausgabe Nr. 36 (1984/85, S. 29-33)…

Rita Gayser, „Die Lippenblütler“, Fotografie 36, 1984/85, S. 29

 

Fotografie36, 1982, „Die Lippenblütler“, S. 30

… sowie als Gottlieb Gnadenlos (S. 132).

Aber auch als Fernando Vasquez (Fotografie Nr. 36, S. 59, S. 35) oder Knut Schrumpf (Fotografie 21/22, S. 90-93).

Als Karl Ernst WEZET verfasst er in Heft 21 (Apex) einen langen Beitrag mit seinen Fotos gespickt. Hier schreibt er über seine Hippie-WG-Zeit: „In der Küche bruzelt irgendeine Frau Sahnebonbons, zurechtgemacht nach meinem Haschisch-Kochbuch, mit reichlich Zucker und Butter verschmelzen lassen, dann Sahne mit 2 Gramm zermalenen Shit hinzufügen, ständig rühren….“ (S. 19)

 

Apex2, 1995,S. 19
Apex 21, 1995, S. 20

(den Rest kann man in der originalen Ausgabe weiterlesen)

Und Jahre, sogar Jahrzehnte nach der Apex und Fotografie zeigt sich Wolfgang Schulz nur noch als John Chikago im Internet und auf Ausstellungen.

Das Stadtkulturmagazin schreibt 1999 in „Eight Miles High“ über Wolfgang: „Wahre Tiraden an Flüchen über den angeblich emanzipierten Sex grollen über Schulz´ Lippen. Ein völliges Fehlverständnis herrsche vor, wenn man die Pornographie auch nur ansatzweise dem Gedankengut der ´68er zuschreiben wolle. Der Sex von damals hatte nichts mit der heutigen, öffentlichen „Bombadierung durch Titten und Ärsche“ an jedem Kiosk gemein“ (S. 16).

 

In dem Artikel der Zeitschrift Region Harz wurde ein kompletter Beitrag über Wolfgang und seine Festivalzeit geschrieben, hier über das Langelsheim-Open-Air 1971. Hier schreibt man in „Sie ließen ihn ziehen, und dann zog er weiter“: „Kein Motiv war sicher vor dem jungen Mann aus dem Oldenburgischen, der mit acht Jahren mit einer Agfa Clack begann. Er hatte kein geregeltes Motiv für das wilde und ungezügelte Drauflosknipsen. Heute erweist sich die damalige Unbekümmertheit als Glücksfall für ihn und die Onlinegalerie WWYD mit Firmensitz in Köln, die sich der Chikago Bilder von einst angenommen hat.“

Jüngst lief die Ausstellung „Summer of Love“ von September bis November 2018, zu der in der kölnischen Rundschau geschrieben wurde: „Bilder von heute in Vergessenheit geratenen Rockfestivals, etwa im Ruhrgebiet, verbreiten Woodstock-Atmosphäre“.

Kölnische Rundschau, 25.09.2018

Es ist meiner Meinung nach Zeit für ein nie da gewesenen „Come-Back“ von Wolfgangs Fotografien, die nicht nur die 70er zeigen. Viel Unbekanntes von John Chikago sollte gezeigt werden, wie etwa Naturaufnahmen aus Irland, Aktfotografien weiblicher Körper, Portraits, Stillleben und alltägliche Straßenszenen.

Was würde Wolfgang sagen?

Wolfgang Schulz, Fotografien Thomas Malara

Die 70er Jahre sind „nicht in unsere Zeit der Hektik und Getriebenseinphilosophie zu übertragen und das was ich hier geschrieben habe, ist ein Bruchteil von einem Bruchteil von einem Bruchteil usw. Wie sagte noch Frank Zappa? Über Musik zu reden ist wie über Architektur zu tanzen.

Wir hatten noch die Luft zum Atmen und die Zeit zum Leben und es gab nur ein Fernsehprogramm (von 8-12 Uhr). Amen.“

Text von Janka Palinkas

 

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